3D-MUSIK

Konzert mit 4 Werken der elektronischen Musik

3D-Musik, das ist Musik nicht nur von vorn, sondern von allen Seiten, nicht nur Stereo, sondern Surround. Musik, die nicht bloß dröhnt, sondern uns um die Schädel wandert, uns einlullt und verzaubert, uns verstört und besänftigt. Musik mit Raum-Klang-Abbildung für mehr als zwei Lautsprecher – das GARBO-Kino ist ein toller Ort dafür mit seiner 7.1-Dolby-Surround-Anlage.  Auch Musik e. V. präsentiert euch hier am 19.6. eine Handvoll der relevantesten und interessantesten elektronischen Kompositionen aus Musikgeschichte und Gegenwart.

Seit Jahrzehnten benutzen Komponist/innen elektronische Musik als Medium zur Entwicklung einer neuen musikalischen Ästhetik, die unsere Wahrnehmung und unser Verständnis von Musik tiefgreifend verändert. So bildet sie einen wichtigen Bestandteil der musikalischen Tradition. Einzug ins breite kulturelle Bewusstsein hat sie vor allem in der Filmmusik gefunden, aus der ihre Verfahren nicht mehr wegzudenken sind.

Techno jenseits von Kraftwerk und Detroit

Das Resultat: Musik so kraftvoll wie charmant und Klänge so verblüffend wie lyrisch, die wie wilde Tiere der ihnen innewohnenden Tendenz überlassen werden, gebändigt nur durch ihre strenge algorithmische Konstruktion. Das Klangmaterial wird einem beschränkten Repertoire entnommen und für die Formgestaltung vielfältig transformiert und modifiziert. Konstruktive Maßnahmen treten jedoch nie in den Vordergrund – solche Musik ist fremdartig, aber »unheimlich schön«. Die im Wortsinn unerhörten Klänge fungieren dabei quasi als eigenständige Instrumente und tragen die Logik des musikalischen Fortgangs in ungeahnte Hörwelten.

Die Erben von Stockhausen, Xenakis, Boulez & Nono

John Chowning (USA, *1934) ist ein Pionier der Computermusik und Erfinder des Synthesizers. Seine erste Computerkomposition stammt aus dem Jahr 1966. Einige Musikwissenschaftler dachten (und denken), der Einsatz von Computern zur Komposition und zur Aufführung von Musik führe zur Entmenschlichung der Musik. Für Chowning verkörpert sie jedoch die Humanisierung des Computers – und seine Musik beweist das. In ›Turenas‹ von 1972 lässt er zarte Klänge um unsere Köpfe schweben, kleine musikalische Gedanken, denen wir folgen wie Singvögeln an einem lauen Sommerabend.

João Pedro Oliveiro (Portugal, *1959) ist Professor für Komposition und hat über 50 internationale Preise erhalten. Mit der präzisen Detaillierung seiner synthetischen Klänge ähnelt er einem Bildhauer, der den Klang schnitzt, bis er die perfekte Form erreicht. Sein Stück Hydatos (2008) ist inspiriert von den ersten Versen des Alten Testaments: Und der Geist Gottes bewegte sich auf dem Angesicht des Wassers (Gen 1,2).

Kees Tazelaar (Holland, *1962) leitet das Institute of Sonology am Royal Conservatoire in Den Hague und ist einer der führenden Komponisten elektronischer Musik: keiner knüpft so offen an die Legenden der 50er Jahre an – Xenakis! Stockhausen! Koenig! Boulez! – und bleibt dabei so eigenständig. Lebendige Tradition im besten Sinne, ohne verkopft zu sein. Seine Komposition … ritroverai qualcosa … von 2017 beschwört Musikgeschichte: der Titel greift zurück auf Luigi Nonos Meisterwerk Fabbrica Illuminata, die klangliche Basis sind Klavierakkorde in fast Monkscher Manier, strenger konstruiert und dabei freier als alles, was das Jazzklavier zu bieten hat.


Joan Riera Robusté (Spanien, *1968) ist ein Komponist, der sich hauptsächlich der Erforschung der Möglichkeiten der Musik in 3D widmet. Seine Methode besteht aus der Fragmentierung reiner Töne in Tausende von kleinen Fragmenten und deren Verteilung im Publikum, als wären sie Elektronen eines Atoms. Diese Technik ermöglicht uns ein völlig ungewöhnliches Klangerlebnis, das mit einem normalen Stereosignal nicht möglich ist. Musikalische Situation 1 (2013) wird uns auf eine Reise in das Innere des Klangs und seine Wechselwirkungen mit dem Raum und unseren Körpern führen.

Die Kompositionen werden begleitet von Projektionen des Multimediakünstlers Markus Selg (Berlin) und eingeführt von Auch Musik e. V. Alle vier Stücke erklingen zweimal, um sie erst neu und dann als „bereits bekannt“ erleben zu dürfen – wer weiß, ob man dazu je wieder Gelegenheit hat …!

Nur im GARBO-Kino. Nur am 19.6. um 19 Uhr. Nur 15€ / 10€ (erm.)

Konzert im Garbo-Kino, 19. Juni 2019, 19 Uhr